Der große Irrtum über Stress und Burnout (3/3)

Teil 3/3: Warum Wissen bei Burnout nutzlos ist

In Teil eins dieser Reihe habe ich dargelegt, dass Stress nicht die Ursache von Burnout-Prozessen ist und es deshalb auch sinnlos ist, gegen Burnout mit Stressbewältigung anzukämpfen. Im zweiten Teil haben wir uns mit typischen Ursachen für Burnout-Spiralen beschäftigt: innere oder äußere Konflikte, tiefliegende Prägungen und ungelebte Sehnsüchte.  

In diesem letzten Teil geht es darum, warum sich Betroffene oft so schwer damit tun, aus dem Burnout-Prozess auszusteigen.

Der Zusammenbruch kommt im Burnout-Prozess nie plötzlich. Meistens dauert die Burnout-Schleife anderthalb bis vier Jahre. Spätestens in der Endphase wird sie begleitet von psychosomatischen Störungen, die dort auftreten, wo Betroffene ihre Schwachstelle haben. Das kann hier Migräne sein, dort Bluthochdruck, es können Magen- oder Hautprobleme sein, Schlafstörungen, oder Angst- und Panikattacken. In der internationalen Klassifikation der Erkrankungen (ICD) sind im Kapitel „Ausgebranntsein“ unter der Ziffer Z 73.0 viele Faktoren aufgelistet, „die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen“. Dort stehen 150 verschiedene Leiden. Keines ist das spezifische Merkmal eines Burnouts. Aber kein Burnout geht ohne mindestens eines dieser körperlichen und psychischen Symptome über die Bühne. Warum werden diese Warnzeichen von den Betroffenen überhört und übergangen?

Ein wichtiger Faktor, der hier eine Rolle spielt, – wenn auch eher begleitend – ist eine Eigenschaft, die in unserer Leistungskultur einen recht hohen Stellenwert hat: Die Fähigkeit durchzuhalten. Ob aus Loyalität, Verantwortungsgefühl oder Ehrgeiz – leistungsbereite Menschen halten durch, wenn sie Ziele erreichen wollen und gehen dafür über Grenzen. Sie opfern Schlaf, Familienzeit, canceln Arzttermine und kürzen Urlaubs- und Erholungszeiten bzw. schieben dauernd wichtige Termine ein. Diese Fähigkeit, durchzuhalten und dranzubleiben, so wertvoll sie ist – im Burnout-Prozess wendet sie sich gegen die Betroffenen selbst. 

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Funktion, die das viele Arbeiten und Aktivsein hat. Es handelt sich fast immer um Kompensation, oder in anderen Worten: es ist ein Mittel, um davon abzulenken, dass (längst) etwas nicht mehr stimmt. Gerade Arbeits- oder Beschäftigungssucht ist zusätzlich gefährlich, weil sie sozial akzeptiert ist und an der Oberfläche erstmal zu positiven Effekten führt: mehr Karrieremöglichkeiten, steigendes Ansehen, höherer Verdienst/Prämien… Doch hinter der Fassade wächst die Traurigkeit, was dann durch noch mehr Tun kompensiert wird. 

In dieser Phase wirken Ratgeber, Tools zur Stressbewältigung und das Lesen kluger Bücher oder Artikel über Stress und Burnout, meist toxisch (außer diesem ;-). Man „füttert das Biest“, weil das alles zu noch mehr Beschäftigung und Ablenkung führt.

Erst wenn die innere emotionale Ladung durchbricht, haben Betroffene noch eine letzte Chance, zu bemerken, dass etwas nicht stimmt. Die Chance besteht darin, sich diesen wenig angenehmen Emotionen zu stellen. Egal was es ist, Leere, Traurigkeit, Gereiztheit, Lustlosigkeit, etc. – es sind immer Spuren die nach innen führen und verfolgt werden können. Nach unserer Erfahrung führen sie zur inneren Ursache des Burnouts, die den Betroffenen so gut wie nie bewusst ist. 

Der Weg dorthin ist deshalb nicht einfach und bedarf einer kompetenten Begleitung, wie zum Beispiel in einem therapeutischen Prozess. Wir haben im Jahr 2017 What if you fly? gegründet, um genau für diese Suche einen geeigneten Rahmen zu schaffen, der nicht so aufwändig ist, wie eine Psychotherapie, der aber doch Raum für tiefergreifende Erkenntnisse eröffnet. Vier Tage in der Natur, in einer kleinen Gruppe, mit zwei kompetenten Trainer:innen und Coaches, einer Köchin und ohne digitale Geräte sind ein sehr intensives Setting, in dem eine Flucht vor sich selbst kaum mehr möglich ist. Das ist zunächst nicht einfach auszuhalten, denn die meisten Betroffenen wissen gar nicht mehr wirklich etwas mit sich anzufangen, so ganz ohne Ablenkung. Aber das gibt sich schnell. Wenn die Teilnehmer:innen dann wieder zu sich kommen und verstehen, was hinter dem Burnout-Geschehen steckt, ist das ein Prozess, der viel innere Wärme erzeugt, zu Empathie mit sich selbst führt – der Grundlage für Selbstfürsorge. 

Und mit einer funktionierenden Selbstfürsorge gibt es keinen Burnout – so einfach ist es dann am Ende. 


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